Grethe Weiser :: …zur Quasselstrippe der Nation
Außer
den Filmerfolgen gibt es
natürlich auch Kabarett- und Theaterauftritte. Die meisten Stücke sind jedoch
inhaltlich nicht sonderlich gut – und so rettete Grethe sie allein durch
ihr Mitwirken. Das Urteil der Kritiker lautete häufig: Das Stück ist
nichts, doch die Weiser ist alles. So auch 1966, als sie einen Abstecher ins
seriöse Fach machte und in Friedrich Dürrenmatts umstrittenen Meteor die
Toilettenfrau Nomsen spielte. Der Berliner Kritikerkönig Friedrich Luft
schrieb in der Welt: Wie Grethe Weiser die unspielbare Rolle einer
sterbenden Klosettfrau richtig komisch, fast realistisch und dann ganz
glaubwürdig und schier rührend zu machen versteht, das gab dem eher
vermasselten Stück eine Größe, die es sonst nirgends erfuhr. Das war
vorzüglich. Als sie 1968 ihren 65. Geburtstag feierte, bekam sie
zentnerweise Fan-Post und Blumen, darunter Telegramme von Heinrich Lübke,
Willy Brandt und Herbert Wehner und pfundweise Rosen vom Axel
Springer-Verlag. Denn die Chefkomikerin, Radautüte und Ulknudel der
deutschen Bühne, feierte 1968 nicht nur ihren Geburtstag,
sondern auch gleichzeitig ihr 40jähriges Bühnenjubiläum.Images © by Renaissance-Theater Berlin - thanks. All rights reserved.
Und es gab noch mehr zu feiern: Der deutsche Bundespräsident Heinrich Lübke
verlieh ihr Das Bundesverdienstkreuz. Sie selbst meinte zu Ihrem Erfolg:
Im
Theater in der Volksbühne und da spielte ich in der Lysistrate von
Aristophanes und durfte im zweiten Akt den blumigen Satz sagen: Hier bleibe
ich länger keinen Augenblick, die Tempelschlangen züngelten nach mir. Na,
ich finde, ich bin ganz schön geblieben, nicht, immerhin 40 Jahre. Doch dann
geschieht für Fans das Unfassbare: Bei einem schweren Verkehrsunfall zwei
Jahre später, 2. Oktober 1970 kommt sie in der Nähe von Bad Tölz mit ihrem
Mann Hermann ums Leben. Kurz zuvor hatte sie ihre Vorbereitungen für eine
neue Theatertour abgeschlossen. Fassungslos schreibt Friedrich Luft in
seinem Nachruf: Als sie durch einen dummen Autounfall nicht mehr da war,
herrschte auf Märkten, Plätzen und in Kneipen Volkstrauer. Keiner, der sich
der geliebten Radautüte, der sich dieser zärtlichen Kodderschnauze nicht
dankbar erinnert hätte. Diese kleine, zähe Person hat kein Denkmal nötig -
Das steht. Die Beerdigung Grethe Weisers im geliebten Berlin stellte noch
einmal ihre große Popularität unter Beweis, denn sie war das Urgestein einer
ganzen deutschen Kino-Epoche.Kurzes Autor-Statement:
Grethe ist bei mir als Quasselstrippe der Nation bis heute in lebendiger Erinnerung. Ich liebe ihren typisch berlinerischen Humor. Ihre Zitate sind originell - hier ein kleiner Auszug:
- Wie soll ich wissen, was ich denke, bevor ich höre, was ich sage…
- Schön bin ich nicht. Aber in meinem Gesicht tut sich etwas.
- Für Männer gelten die Gesetze der Optik nicht. Wenn man sie unter die Lupe nimmt, werden sie plötzlich ganz klein.
- Beim Klatsch kommt es nicht auf den Kern der Sache an, sondern auf die Einzelheiten.
Quelle/Bildnachweis:
Bücher
- Hans Borgelt: Grethe Weiser. Herz mit Schnauze, hrsg. Hamburg. Rowohlt, 1974
- Friedemann Beyer: Die Ufa-Stars im Dritten Reich – Frauen für Deutschland, hrsg. München. Heyne, 1989
- Friedemann Beyer: Die Gesichter der Ufa – Starportraits einer Epoche, hrsg. Heyne Filmbibliothek, München. Heyne, 1992
Internet
- FemBio Frau der Woche
- Renaissance-Theater Berlin
- steffi-line.de
- volksschauspieler.de
